Was Wäre Wenn - phantastisch depressive Gedichte, 1994, 127 S.
Auf der Suche - nach mir, nach dem wer und was ich bin, nach der Zukunft und der Vergangenheit, nach der Gegenwart, nach dem Sinn des Lebens, nach Hoffnung, nach dem richtigen Ausdruck, nach der Lösung für alle Probleme, nach der eigenen Sprache und nicht zuletzt nach Akzeptanz und Anerkennung. Die Texte in diesem ersten Buch drehen sich vornehmlich um mich, um meine Stimmungen und Gedanken, böse Zungen könnten "Betroffenheitslyrik" sagen und sie lägen nicht falsch. Es ging mir darum, mich mit dem was mich betrifft auseinander zu setzen und diese Auseinandersetzung hat zu Gedichten geführt die notwendig waren um weiter machen zu können. Das Buch ist 1994 im Logos-Verlag Saarbrücken erschienen, der Verlag musste Insolvenz anmelden und ich habe den Bücherrestbestand aufgekauft, so dass alle Rechte wieder bei mir liegen. Die Texte dieses Buches und der zwei Folgenden sind leichter zugänglich als die der neueren Werke. Um mir einen eigenen Stil zu erschreiben, war es unumgänglich zu schreiben, zu schreiben, zu schreiben. Sicherlich hätte ich nicht alle Gedichte veröffentlichen müssen, aber vielleicht wird so der Kampf mit den Wörtern deutlich, der stattfinden muss um irgendwann Worte zu erzeugen. Es folgen nun einige im Buch enthaltene Texte.
Scheiße
Es ist schon Scheiße wenn man immerzu fliegen will ständig nur ans Abheben denkt und eine panische Höhenangst hat
Vom Leben entfernt
du hast Hunger und kannst nichts esse du bist müde und findest keinen Schlaf es kommt dir vor als würdest du alles vergessen was dir wichtig war seit langem nichts mehr was dich traf
bist erschlagen von der eignen Trägheit eingeengt vom täglichen Frust der Tag ist viel zu lang trotzdem bleibt dir keine Zeit etwas zu unternehmen zu nichts und allem keine Lust
gähnende Leere in deinem Hirn das Herz rast unentwegt ohne Grund du frierst und hast Schweiß auf deiner Stirn Angst vor einem unendlich tiefen Schlund
da ist nichts mehr was sich bewegt keine Sonne die dich wärmt nur der Ballst deiner Seele der dich erschlägt immer weiter vom Leben entfernt
alles reißt du mit dir tief hinab wirst von Freude nicht mehr erreicht um dich herum ist alles wie ein Grab fühlst wie der Tod sich langsam in dich schleicht
du möchtest raus aus diesem dunklen Schacht kämpfst dich krampfhaft hoch zum Leuchtturm schaust dich um nach allem was dir Hoffnung macht und wartest auf einen erneuernden Sturm
Leise und sanft
leise und sanft sein deine Hand nehmen wissen das du da bist Geborgenheit fühlen und die Zeit anhalten
Über die Erotik eines Softeises
ich weiß nicht wie lange es her ist seit dem Genuss meines letzten Softeises drei Jahre fünf Jahre oder eine Ewigkeit und jetzt bei jedem Schlotzer die Erinnerungen eines ganzen Lebens während ich mit dem Schaum in meinem Mund spiele überkommt mich der Vergleich mit einem Zungenkuss der sich nur in der Temperatur leicht vom Original unterscheidet mir fallen Bilder ein derer ich mich schämen sollte dieses gesellschaftlich akzeptierte Genussmittel zu derart pornografischen Gedanken Zweck zuentfremden der Stern sticht auf mich herab ich bin vertieft in einer nie enden wollenden lustvollen Geschmacksorgie das sanfte Spielen mit der Zunge in der cremigen Masse die Lust auf ein Weiterführen dieses Akts und dann Waffel Gelaber Autos und Geschäfte zurück von der sexuellen Reise in die Gegenwart
Nacht für Einzelgänger-Texte und Gedichte aus strahlender Dunkelheit 2006, 126. S
An Allem zweifeln, an mir, an den Menschen, am Leben. Die bestehenden Verhältnisse hinterfragen und nichts von dem glauben was als Wahrheit vermittelt wird. Die allgemeingültigen Antworten in Frage stellen und mit Gegenfragen beantworten. Mein zweites Buch ist geprägt von dem Zwiespalt es Allen recht machen zu wollen und gleichzeitig einzig mir selber verpflichtet zu sein. Die verinnerlichte Angst davor Fehler zu machen und der Wunsch Texte zu schreiben die Allen und Allem gerecht werden, führte zu einer verkrampften Herangehensweise, die ein freies und ehrliches Schreiben erschwerte. Weiterhin ging es in den Texten häufig um mich und meine innere Befindlichkeit, doch erweiterte sich mein Themenspektrum und vermehrt politische Texte entstanden. Zwischen Rückzug in die innere Emigration und Kampf gegen die allgegenwärtigen Windmühlen im modernen Leben, versuchte ich eine Position für mich zu finden. Der Versuch deutlich Position zu beziehen und gleichzeitig nicht angreifbar sein zu wollen ist ein zermürbendes Unterfangen, dass zu Halbherzigkeit und Wiederholungen führt.
Betroffenheit
manchmal denke ich das zum Beispiel Erdbeben mit unzählbaren Toten und Obdachlosen oder Sturmfluten und Waldbrände und alle anderen Katastrophen die von selber kommen oder von uns bestellt wurden das die reichen müssten genug Elend Leiden und Trümmer um zusammen zu halten und gemeinsam weiter zu gehen doch nichts Dergleichen wir müssen Prozesse gegen unsere Nachbarn führen und Kriege gegen Fremde wegen falscher Haut und Herkunft weil der eine Gott männlich die andere weiblich ist und weil wir für Alles Normen brauchen damit wir dass was aus der Norm fällt entsorgen können es schlägt zurück und wird weiter bekämpft bis zum nächsten Erdbeben und Alle sind betroffen
Dogmen
wenn ich aus jeder Erfahrung jeder Erkenntnis eine Religion machen würde dann müsste ich heilige Kriege gegen mich führen
Sieh zu
Mensch sieh zu das du dich regst statt unbewegt zu bleiben und das du dich in immer neue Welten bewegst
Mensch sieh zu das du dich liebst statt deiner Gewohnheiten und das du beginnst mit dir selbst zu streiten
Mensch sieh zu das du lieben Menschen die dir wichtig sind das sagst was du fühlst für sie und das du erkennst nicht Liebe sondern Normen machen blind
Weltklimakonferenz
wenn es nicht so traurig wäre würde ich lachen wenn es nicht so lustig wäre würde ich weinen wenn es nicht so tödlich wäre könnte ich weiter leben
Schwarz-Weißheiten und andere Geschdichten-weiter-es von T.Wessel 1998, 136 S.
Wiederholungen, immer wieder Wiederholungen und aus diesen Wiederholungen habe ich ein Buch gemacht. Kein eigener Stil, kein Ausblick über den Tellerrand des bisher geschriebenen, sondern nur Reproduktion dessen was in den ersten beiden Büchern schon enthalten war. Stillstand und Rückschritt sind nicht so schlecht wie ihr Ruf, dieses drehen um die eigene Achse gehört zum Suchen und Zweifeln dazu. Daher ist dieses Buch in gewisser Weise konsequent. Ein Freund von mir hat mir deutlich geschrieben was er von dem Buch hält und vor Allen warum es ihm nicht gefällt. Diese Kritik war hart aber dass Beste was mir passieren konnte. So musste ich mich auseinandersetzen mit dem was ich mit dem Schreiben erreichen will. Diese Auseinandersetzung dauerte mehrere Jahre in denen ich weiter schrieb, aber kritischer an die Texte heran ging. Suchen, Zweifeln und Wiederholen genügten mir nicht mehr, ich wollte meinem Denken und Fühlen freien Lauf und Raum lassen und aufhören zwanghaft diplomatisch zu sein. Im Jahr 2006 ließ ich ein weiteres Buch drucken (siehe Buch 4). Hier einige Texte aus Schwarz-Weißheiten.
Nicht
nichts von dem was ich getan habe bereue ich doch so vieles was ich nicht getan habe
Abhängig
die Abhängigkeit des Menschen vom Menschen ist gleichzeitig der Grund für den Untergang der Menschheit wie die einzige Möglichkeit für die Menschheit sich vor dem Untergang zu bewahren
Karo Sieben
wenn du immer die Karo Sieben ziehst dann wird es Zeit die Spielregeln zu ändern
Ab nach Hause
nach fast zwei Flaschen Wein sind wir uns letzte Nacht begegnet manchmal ist der Zufall sehr gemein ich war besoffen und es hat geregnet
wir haben uns unterhalten - immerhin und du warst recht nett zu mir mein Reden ergab nicht sehr viel Sinn doch der warme Platz neben dir
ließ mich einfach sein und die Stunden genießen auf dich und mich einen neuen Wein anstatt in Wehmut zu zerfließen
die laute live Musik war gut für mein Empfinden bis ich endlich schwieg und es war Zeit um zu verschwinden
das hast auch du erkannt und hast mich nach Hause geschickt der Alkohol hatte mich übermannt ich konnte nur noch gehen und hätte doch so gern mit dir
Fazit
Heute würde ich aus diesen ersten drei Büchern ein Buch machen. Jeweils ca. ein Drittel der Texte würde bestehen bleiben. Die Gedanken die den Texten in den Büchern zugrunde liegen, stimmen auch heute noch zum größten Teil mit meinem Denken überein. Die Umsetzung dieser Gedanken erscheint mir aus heutiger Sicht häufig klischeehaft und vermeidet es deutlich Stellung zu beziehen. Der Versuch kritische Gedanken zu formulieren und dabei eine Umsetzung zu wählen die auf Angst vor Zurückweisung basiert, ist zum Scheitern verurteilt. Gedichte müssen Extrem sein in Ihrer Umsetzung und radikal in ihren Inhalten, dann haben sie mehr als Wiedererkennung und Unterhaltung zu bieten. Dennoch bin ich froh dieser Bücher gemacht zu haben, denn nur durch mein "dran bleiben" konnte ich meine Fähigkeiten entwickeln und das Erstellen von Büchern hat mich immer wieder motiviert weiter zu machen. Wer mit Leidenschaft und Überzeugung an eine Sache herangeht, sollte sich nicht von möglichen schlechten Ergebnissen ausbremsen lassen, denn es gibt keine Entwicklung ohne Auseinandersetzung, nur wer "macht" und "dran bleibt" wird sich selber und Andere immer wieder überraschen können.